Neuseeland

Die Marlborough Sounds – Boote, Buchten, Einsamkeit

27. Januar 2019

Meine Hängematte schaukelt sanft im Wind. Neben mir plätschern die Wellen ans Ufer, über mir thronen die hübschen neuseeländischen Baumfarne und vor mir erstreckt sich die Lochmara Bay. Seit zwei Tagen sind wir in der Lochmara Lodge in den Marlborough Sounds am nördlichen Zipfel der Südinsel. Die kleine Bucht ist nur mit dem Boot zu erreichen und es ist total idyllisch hier.

Schon lange wollte ich die Marlborough Sounds etwas genauer erkunden. Total verwinkelt und zerklüftet winden sie sich durch die Nordspitze der neuseeländischen Südinsel. Geformt wurden sie, als das Meer nach der letzten Eiszeit tiefe Flusstäler flutete. Viele Buchten und Häuser in den Sounds sind nur mit dem Boot zu erreichen. Es ist eine sehr abgelegene und landschaftlich sehr schöne Gegend.

Langsam nimmt der Schiffsverkehr in Lochmara Bay merklich zu. Segelboote, Jetskis und Motorjachten trudeln in der Bucht ein. Nur morgens und abends herrscht Ruhe pur. Dann sind nur die wenigen Hausgäste da, die in der Lodge übernachten. Tagsüber hingegen kommt Boot um Boot mit Ausflüglern die hier essen, kajaken und die unzähligen Meerestiere durch die in der Bucht schwimmende Unterwasser-Beobachtungsplattform anschauen wollen.


 

Faszinierende nächtliche Naturphänomene

Wenn die Nacht im Queen Charlotte Sound hereinbricht, gibt es in Lochmara Bay etwas ganz besonderes zu beobachten: Die sogenannte Biolumineszenz. Zum einen in Form von Plankton im Meer. Wenn man im Dunkeln mit den Füßen durchs Wasser läuft, fängt es in den Wellen plötzlich ganz leicht an zu leuchten. Durch die Bewegung des Wassers wird das Plankton zum Strahlen gebracht. Zwar nur ganz schwach, aber doch deutlich zu sehen.

Im Glowworm Gully schaue ich mir das zweite Naturphänomen mit Biolumineszenz an. Ein schmaler, mit Moosen und Farnen bewachsener Weg führt in eine kleine Schlucht hinein. Überall um mich herum leuchtet es plötzlich. Es ist, als würde ich mitten in den Sternen stehen, als wäre der Himmel plötzlich ganz nah. Es sieht unbeschreiblich schön aus. Tatsächlich sind die leuchtenden Sternchen aber die Larven der Langhornmücke. Im Dunkeln senden sie ein Leuchten aus, um ihre Beute anzulocken. Es ist total beeindruckend, was die Natur alles für faszinierende Lebewesen hervorbringt.

Auf Bootstour im Queen Charlotte Sound

Um den Queen Charlotte Sound noch etwas genauer zu erkunden, gehen wir an Bord eines Wassertaxis, das Personen und Waren durch die Sounds transportiert. Früh am Morgen bringt uns das Boot zur Vogelinsel Motuara, weit draußen im Queen Charlotte Sound. Die Insel ist seit 1991 ein Vogelschutzgebiet. Nach Neuseeland eingeschleppte, schädliche Tiere wie Possums oder Ratten wurden hier ausgerottet. So konnten auf Motuara vom Aussterben bedrohte, einheimische Vogelarten wieder angesiedelt werden. Sie können nun in ihrem natürlichen Lebensraum ohne Feinde leben und sich wieder vermehren. Wir entdecken auf der Insel sogar ein Pinguinküken.

Über einen kurzen Wanderweg erklimmen wir den Aussichtsturm der Insel. Von dort hat man einen wahnsinnig tollen Blick über den Queen Charlotte Sound.

Zwei Stunden später kommt unser Boot zurück und bringt uns in die gegenüberliegende Ship Cove. In der kleinen Bucht landete Captain Cook während seiner Entdeckungsreisen fünf Mal, um Wasser und Vorräte aufzustocken oder sein Schiff zu reparieren. Ein großes Denkmal ist ihm hier gewidmet. An diesem abgelegenen Platz genießen wir den Mittag mit schönem Sonnenschein. Das türkisfarbene Wasser ist ganz ruhig und die drei Stunden vergehen wie im Flug. Schon steht das Boot wieder am Steg um uns einzusammeln.

Wir machen uns auf den Weg zurück nach Picton. Aber bis wir dort ankommen, steht noch einiges auf dem Plan. Das Boot ist voll mit Lebensmitteln, Koffern und Leuten, die an den verschiedensten Orten in den Sounds abgeladen werden möchten. Wir legen an einsamen, privaten Ferienhütten an, an einer kleinen Siedlung mitten in den Sounds, an verschiedenen Lodges und Unterkünften. Leute steigen ein und aus, an den Jettys warten Kinder auf Omas und Opas die mit dem Boot gebracht werden, Pakete werden abgeladen und Wanderer steigen ein, um zurück nach Picton zu gelangen. Ich finde es total interessant, so das Leben in den abgelegenen Sounds zu beobachten. Immerhin leben hier um die 3.200 Menschen dauerhaft, betreiben Farmen und Lodges und sind auf den Transport mit dem Boot angewiesen.


 

Auf Bootstour im Pelorus Sound

In Havelock im benachbarten Pelorus Sound, machen wir uns zwei Tage später mit dem offiziellen Postboot auf den Weg in die Sounds. Schon kurz hinter der Hafenausfahrt halten wir an einer kleinen, einsamen Bucht und sammeln eine Frau mit ihrem Fahrrad ein. Wo kommt die denn her und wo will sie hin? Später erfahre ich, dass sie sich mit dem Boot ein paar Buchten weiter transportieren lässt, um dann mit ihrem Mountainbike über den Nydia Track zurück nach Havelock zu fahren. Echt toll was es hier für Möglichkeiten an Freizeitaktivitäten gibt.

Zum Mittag stoppt unser Boot in der einsamen Wilsons Bay, weit draußen im Pelorus Sound. Hier lebt eine Familie ganz abgeschieden auf ihrer Schaffarm mit mehreren Tausend Schafen. Wir werden total nett begrüßt und bekommen eine kleine Führung durch die Farm. Das Weideland zieht sich über eine ganze Landzunge im Sound und zur bald beginnenden Schafschur müssen alle Schafe auf dem weitläufigen und bergigen Gelände gefunden und zum Sharing Shed getrieben werden. Der Farmer schärt dann eigenhändig alle Schafe – jeden Tag um die 130 Stück. Was für eine Knochenarbeit.

Der Strom muss hier draußen in den Sounds per Generator erzeugt werden und steht daher nur einige Stunden am Tag zur Verfügung. Eine Schule gibt es an diesem abgelegenen Fleckchen Erde nicht. Die Kinder werden von ihren Eltern zuhause unterrichtet. Wenn sie etwas älter sind, müssen sie auf ein Internat gehen. Das Postboot kommt im Sommer täglich, im Winter drei Mal in der Woche und bringt Post und Lebensmittel zur Farm. Alles muss per Boot hier her transportiert werden. Wahnsinn. Ich habe echt Respekt vor diesen Leuten, die hier total abgeschieden und isoliert leben. Es ist zwar wunderschön und idyllisch, aber ich glaube ich würde auf die Dauer einen Lagerkoller bekommen.

Auf dem Rückweg legen wir mit dem Postboot noch bei einer Gannetkolonie und einer Muschelfarm an. Das tiefe, saubere Wasser des Pelorus Sound ist optimal für die Zucht von Grünschalmuscheln. So haben sich um die 500 Muschelfarmen in den türkisfarbenen Gewässern des Sounds angesiedelt. Der Großteil davon wird exportiert. Die Zeit vergeht wie im Flug und mit vielen neuen, interessanten Eindrücken zum Leben in den Marlborough Sounds kehren wir am Spätnachmittag zurück nach Havelock.

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